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©Hans Schubert

Zum Schauen bestellt: Die Turm- und Nachtwächter

Turm- und Nachtwächter in Perchtoldsdorf 

Obwohl die an der Südseite in den Stein gemeißelte Jah­reszahl 1521 für die Baufertigstellung des Wehrturmes steht, sollte es danach noch ein paar Jahre dauern, bis das Bauwerk ausgestaltet und komplett ausgestattet war. 1523 konnten die Arbeiten an der Galerie (Wehrgang) finalisiert werden, 1523/24 rich­tete der Markt im 1. Obergeschoß eine Türmerstube („Wachter Stübel“) ein und stattete diese mit einem Kachelofen aus (das ist der Raum der heute das Ortsgeschichte-Museum beherbergt).

Adam Schachinger gewährt uns in seiner wissenschaftlichen Publikation „Türkennot 1683 und ihre Überwindung im Markte Perchtoldsdorf“ (Wien 1962, S. 217ff.) Einblick in den Aufgabenbereich des „Turmwächters“ an der Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert. 

Zu Turm- bzw. Nachtwächtern wurden in Perchtoldsdorf meist Inwohner, die außer der Lohnarbeit im Weinbau wenig Erwerbsmöglichkeiten hatten, bestellt. Obwohl von der Gemeinde zeitlich begrenzt vergeben, sicherten diese Ämter einigen wenigen Besitzlosen eine schmale Existenz.

Wie sich schon in dem sehr kurzen Zeitabschnitt, den Schachinger hier anspricht, zeigt, hatten Turm- und Nachtwächter mannigfaltige Überwachungs- und Kontrolldienste zu erbringen. 

So erteilte man dem 1691 vom Markt als „Nachtwächter im Turm“ bestellten Inwohner Michael Trimmel auch Aufgaben außerhalb des Wehrturms: tagsüber hatte er den Gemeindewald im Auge zu behalten und gegen Waldfrevel vorzugehen, d.h. Leute, die unerlaubt nutzbares Holz aus dem Wald in den Markt brachten, an den Rat zu melden. Als Jahresentschädigung wurden ihm anfangs 17 Gulden, später dann 30 Gulden zugewiesen. Für die Obsicht über die Biereinfuhr im Knappenhof erhielt er ebenfalls einen kleinen Zuschlag. 

Trimmels Nachfolger Paul Carl verrichtete neben dem Nachtwächterdienst gleichzeitig auch die Geschäfte eines Totengräbers im Bürgerspitalsfriedhof. Im Jahr 1700 verfügte der Marktrat das Läuten der Bierglocke durch die Nachtwächter täglich um 4 Uhr früh "nach früherem Brauch“. 

Das Einstellen oder Richten der Turmuhr besorgte ebenfalls der Türmer ("Uhrrichter"), der auch die Gewichte aufziehen musste.

Wurde das Überwachungsgebiet für einen Turmwächter zu groß, musste die Gemeinde weiteres Wachpersonal bestellen. In den Rechnungsbüchern des Marktes finden sich alsbald neben dem Besoldungsbetrag für den jeweiligen Türmer auch Zahlungen an bis zu zwei weitere Nachtwächter. Zu den Geldleistungen wurden dem Wachpersonal fallweise auch Sachbezüge wie Brennholz oder Wein und ein bescheidenes Quartier zuerkannt. Alle vier Jahre gab es als Dienstbekleidung einen Schafspelz.

Die für den Nachtwächter Georg Gödl verfasste Instruktion von 1714 zeigt den in sieben Punkte gegliederten Pflichtenkreis für den Wachdienst:

  • fleißiges Ausrufen aller vollen Stunden in der Nacht, 
  • Verrichtung des Läutens des kleinen Frühglöckels zur Winterzeit (Michaeli bis Georgi) abends um 8 Uhr, morgens um 3 Uhr, zur Sommerszeit (Georgi bis Michaeli) um 9 Uhr abends und 2 Uhr morgens, wonach sich der Tagesablauf der meisten Perchtoldsdorfer richtete, 
  • Aufziehen der Orgel alle Sonn- und Feiertage und zu den Quartemberzeiten (d.s. die Bußtage) 
  • gute Aufsicht über den Kammeramtswald und Anzeige der beim verbotenen Holzhacken Ertappten an den Rat, 
  • Betreuung des Friedhofes (dieser lang ursprgl. rund um die Kirche und ab 1587 im Burghof),
  • Bestattung aller Toten in entsprechend tiefen Gruben, 
  • rechtzeitige Verständigung des Mesners beim Aufziehen von Wettern in der Nacht. 

Zur Zeit der Pestnot (1713) wurden Nachtwächter auch als Zieherknechte abgestellt.

Literatur: Adam Schachinger, Türkennot 1683 und ihre Überwindung im Markte Perchtoldsdorf (Wien 1962)


Literatur: Adam Schachinger, Türkennot 1683 und ihre Überwindung im Markte Perchtoldsdorf (Wien 1962)